Voltfang ist ein Pionier auf dem Gebiet der Batteriekreislaufwirtschaft mit Sitz in Aachen.Das im Jahr 2020 als Spin-off der RWTH Aachen gegründete Unternehmen hat eine innovative Lösung entwickelt, um gebrauchte Batterien aus Elektroautos in leistungsstarke Energiespeicher umzuwandeln. Diese stationären Speichersysteme können mit Solaranlagen, Wärmepumpen oder Ladesäulen direkt beim Kunden verbunden werden und helfen so, das Stromnetz zu entlasten und erneuerbare Energien effizienter zu nutzen. Ein weiterer Vorteil: Seltene und wertvolle Ressourcen werden direkt wiederverwertet.
Im Gespräch mit NRW.Global Business gibt David Oudsandji, einer der drei Gründer von Voltfang, Einblicke in die Entstehungsgeschichte des Startups und in den Wiederaufbereitungsprozess. Außerdem erläutert er, welche Rolle die Technologie für die Energiewende und die Versorgungsicherheit spielt. Oudsandji geht auch auf die Vorteile ein, die NRW als Standort für technologieorientierte Gründer bietet und gibt einen Ausblick auf die Ziele von Voltfang in den kommenden Jahren.
- Voltfang hat sich auf die Wiederaufbereitung von Batterien aus Elektrofahrzeugen spezialisiert. Warum ist das Thema wichtig und welchen Beitrag leistet es heute und für die Zukunft?
Das Thema ist aus zweierlei Hinsicht wichtig. Erstens sind Energiespeichersysteme Teil der Energiewende. Wenn wir die Energiewende schaffen wollen, also grünen Strom produzieren und diesen dann zum Beispiel für Elektrofahrzeuge nutzen wollen, dann müssen erneuerbare Energien jederzeit zur Verfügung stehen. Dem ist aber nicht so. Und unser Netz ist dafür auch nicht ausgebaut, und es würde auch viel zu lange dauern. Deshalb müssen wir es schaffen, das Netz zu dezentralisieren. Damit meine ich, dass wir die größten Stromverbraucher so weit wie möglich vom Netz nehmen und sie möglichst autark versorgen. Energiespeichersysteme sind deshalb enorm wichtig, um das Netz nicht zu überlasten und trotzdem die großen Stromverbraucher versorgen zu können. Ohne sie werden wir die Lücke zwischen Verbrauch und Erzeugung nicht zu schließen können. Der zweite Punkt ist die Elektromobilität und die Kreislaufwirtschaft, insbesondere für Batterien. Die gibt es kaum, das Recycling ist noch nicht effizient genug. Außerdem ist nach dem ersten Leben in einem Fahrzeug noch sehr viel Kapazität in den Batterien, die man als Speicher nutzen kann. Damit vermeiden wir auch den Verbrauch neuer Ressourcen wie Kobalt oder Seltene Erden für unsere Zwecke. Diese werden bekanntlich unter menschenunwürdigen Bedingungen in teilweise autokratischen Ländern abgebaut, von denen wir uns nicht abhängig machen sollten. Weiter gedacht geht es bei uns auch um die Versorgungssicherheit in Europa.
- Kurz erklärt: Wie funktioniert Ihr Verfahren?
Zunächst erhalten wir unsere Batterien direkt vom Fahrzeughersteller oder von Flottenbesitzern, zum Beispiel Busunternehmen, die wir dann auf Herz und Nieren prüfen und in unser System einpflegen. Im Stecksystem werden die einzelnen Module dann zu Einheiten zusammengefügt. Im nächsten Schritt statten wir sie mit unserer Energiemanagement-Software, die den Energiefluss steuert, und einem Wechselrichter aus. Dann installieren wir die Einheiten beim Kunden und verbinden sie mit einer Solaranlage, einer Wärmepumpe oder einer Ladesäule. Kurz gesagt: Wir machen aus Batterien ein stationäres, schlüsselfertiges System mit anpassbarer Kapazität, das direkt beim Kunden Energie speichert und diese nach Bedarf verfügbar macht. Im Endeffekt ist es eine einfache Idee, die in der Umsetzung aber komplex ist.
- Was waren Ihre Inspiration und Vision bei der Gründung?
Die Gründung war eher zufällig. Wir drei Gründer besitzen zusammen einen älteren Camper, dessen Batterie immer leer war und den wir mit einer Dachsolaranlage ausstatteten. Da der Camper eine neue Batterie brauchte, schauten wir uns direkt nach einer Batteriealternative um. Wir fanden Tesla-Batterien. Das hat auch funktioniert, aber die Batterien waren viel zu schwer, weshalb wir das Projekt erstmal auf Eis legten. Die Idee konnten wir aber in der Werkstatt von einem Familienangehörigen eines der Gründungsmitglieder weiterspinnen, der dort ein Speichersystem installieren wollte. Das bauten wir und standen dann am Ende unseres Studiums vor der Frage, was wir machen wollen: In einem Unternehmen arbeiten oder mit unserem Know-how von der RWTH Aachen etwas Eigenes machen, was einen sinnvollen Impact für die Gesellschaft hat? Dafür entschieden wir uns letztlich, das war unsere gemeinsame Vision. So kam eins zum anderen und wir haben Voltfang sukzessive aufgebaut. Vom ersten Investor über den ersten Kunden und den ersten Mitarbeitenden bis zu dem Punkt, an dem wir heute stehen. Heute beschäftigen wir rund 80 Mitarbeitende und bedienen einige namhafte Kunden wie beispielsweise Aldi.
- Was macht den Standort NRW für ein Tech-Startup wie Voltfang attraktiv und welche Vorteile bietet es Gründenden, die auf technologische Innovationen setzen?
Die zwei größten Argumente für den Standort NRW sind die ausgeprägte Hochschul- und Forschungslandschaft sowie die hohe Bevölkerungs- und Unternehmensdichte, die uns zahlreiche potenzielle Kunden bringt. Es gibt aber auch Dinge, die fehlen, zum Beispiel eine kontinuierliche Förderung und Unterstützung über die Gründung hinaus. Ideen, Gründungen und erste Prototypen werden hier wirklich stark und gut gefördert, unter anderem durch das Regionale Wirtschaftsförderungsprogramm RWP, das EXIST-Gründungsstipendium oder das NRW-Gründungsstipendium. Das hilft anfangs sehr, doch in der Wachstumsphase hin zu einem profitablen und skalierbaren Geschäftsmodell, also dem Scale-up, gibt es Grenzen. Das ist besonders schade, da NRW durch die zahlreichen Hochschulen, Forschungseinrichtungen, die hohe Bevölkerung und den Willen, etwas zu schaffen, so viel Potenzial hat. Wenn man die heimische Industrie haben und halten will, braucht es teilweise mehr Unterstützung wie bei der Konkurrenz im Ausland, die voll subventioniert wird. Hier müsste aus unserer Sicht noch eine Schippe draufgelegt und mutiger investiert werden. Gerade in relevanten Bereichen wie der Batteriebranche, der Elektromobilität, Halbleitern, Künstlicher Intelligenz, Quantencomputer und so weiter. Diese Industrien müssen in Deutschland und NRW gehalten werden, sonst begeben wir uns hier auch in Abhängigkeiten, die keiner wollen kann.
- Wo sehen Sie das Unternehmen in fünf Jahren?
Wir haben noch viel auf unserer To Do-Liste und wollen vor allem weiter wachsen. Die Energiewende braucht Stromspeichersysteme. Je günstiger und mehr wir produzieren können, umso mehr tragen wir zur Wende bei. Dafür haben wir alles, was nötig ist, jetzt geht es weiter ans Doing. Wir werden weiterhin in Aachen und Umgebung produzieren, wollen uns aber kurz- bis mittelfristig auch in den USA umschauen. Unser Kundennetzwerk bauen wir jetzt bereits über die Landesgrenzen hinaus aus. Wir haben Kunden in Österreich, bald auch aus den Niederlanden, Belgien, Spanien und Italien. Ein konkretes Ziel ist es, bis 2030 eine Kapazität von 2,1 Gigawatt am Netz zu haben, was genau der Kapazität des zu dem Zeitpunkt abgeschalteten Kraftwerk Weisweiler entspricht. Das wäre ein schöner Übergang, der uns alle sehr zufrieden stellen wird.
- Herr Oudsandji, haben Sie vielen Dank für das Gespräch!