Das Startup vivenu aus Düsseldorf bietet eine individualisierbare Ticketing-Plattform für Veranstaltende auf der ganzen Welt an: Das Unternehmen ist seit der Gründung 2018 stark gewachsen und bedient heute mehr als 700 internationale Auftraggebende aus über 40 Ländern. Neben dem Standort Düsseldorf ist vivenu auch in Darmstadt, Hamburg und Florida in den USA vertreten. Aktuell sind 110 Mitarbeitende beschäftigt, deren Anzahl sich in den nächsten zwei Jahren verdreifachen soll. Geschäftsführer und Mitgründer Simon Hennes spricht über das Geheimnis des Erfolgs.
- Welche Lücke haben Sie in der Branche erkannt, die Sie auf die Idee brachte, eine Ticketing-Lösung zu entwickeln? Und welche Vision verfolgten Sie dabei für Ihr Unternehmen?
Die Ticketing-Industrie erlebt weltweit einen grundlegenden Wandel. Früher wurden Tickets überwiegend an der Tageskasse oder auf andere analoge Weisen verkauft – nicht skalierbar, aber persönlich. Mit dem Aufkommen des Online-Ticketings wurde zwar die Auswahl und Distribution der Tickets einfacher und globaler, zugleich aber auch unpersönlicher. Ticketing-Anbieter haben sich zwischen Ticketkaufende und Veranstaltende gestellt, was oft zu schlechtem Kundenservice, mangelnder Datenhoheit für Veranstaltende und fehlenden direkten Kundeninteraktionen führte. Der aktuelle Trend zeigt, dass Veranstaltende wieder direkte Beziehungen zu ihren Kundinnen und Kunden aufbauen möchten. In einer Zeit, in der Daten das neue Gold sind, sollten jene, die die Veranstaltungen organisieren und die damit verbundenen Risiken tragen, auch die Kontrolle über diese Daten haben. Die bestehenden Technologien in der Ticketing-Branche sind jedoch oft veraltet und unflexibel und können oder wollen diesen Bedarf nicht erfüllen. Hier setzt vivenu an: Wir bieten eine hochmoderne, extrem flexible Lösung, die die Veranstalter ins Zentrum rückt. Dies ermöglicht es den Veranstaltern, direkt mit ihren Kunden zu interagieren, alle Daten zu besitzen und Tickets so zu verkaufen, wie sie es wollen – und nicht, wie es ihnen von Dritten vorgeschrieben wird. Unsere Vision ist es, dass die meisten Tickets weltweit über vivenu verkauft werden. Es liegt noch eine lange Reise vor uns, aber wir sind zuversichtlich und auf einem guten Weg unterwegs. Unser jährliches Umsatzwachstum liegt bei über 100%.
- Wie hat vivenu es geschafft, sich seit der Gründung 2018 und trotz der Corona-Pandemie, so rasant zu entwickeln und zu wachsen? Was war Ihr Erfolgsrezept und auf welche Meilensteine können Sie zurückblicken?
Wir haben vivenu 2018 zu dritt ins Leben gerufen, anfangs mit sehr begrenzten finanziellen Mitteln und neben dem Masterstudium. Anfang 2020 entschlossen wir uns, Venture Capital aufzunehmen und gleichzeitig neue Mitarbeitende einzustellen, was mit einem Umzug nach Düsseldorf in den Medienhafen einherging – ironischerweise genau mit Beginn des ersten Lockdowns im März. Ein sehr „interessantes“ Timing. Bis 2022 hat uns die Corona-Pandemie stark beeinflusst – im Guten wie im Schlechten. Wir haben vollen Fokus auf die Produktweiterentwicklung legen können und uns nicht von unserer Mission abbringen lassen – das beste Ticketing-Produkt für physische Events auf den Markt zu bringen. Die Industrie wurde zudem nachhaltig digitaler und datenaffiner durch diese Zeit.
Die Gewinnung von namhaften Kunden wie Schalke 04 und dem Digital Art Museum sowie der Ausbau unseres Produkts für Enterprise-Anforderungen ermöglichten es uns, zwei weitere Finanzierungsrunden erfolgreich abzuschließen und insgesamt 65 Millionen USD an Eigenkapital zu sichern. Ende 2022 erfolgte dann auch die Expansion in die USA, wo wir wichtige Kunden wie die Grammy Awards und die Stanford University für den dortigen Erfolg gewinnen konnten. Heute arbeiten wir mit nahezu 750 Kunden in 45 Ländern zusammen, ein erheblicher Teil davon in den USA.
Wir haben erkannt, dass wir in einer sehr kompetitiven Industrie sind und mit den größten Anbietern mithalten müssen und können. Hierhin zukommen verdanken wir einem ambitionierten, hochenergetischen Team, einer klaren Mission, und grandiosen Kunden, von deren Feedback wir tagtäglich lernen dürfen.
- Wie schätzen Sie die Bedeutung von NRW als Standort für die IT- und Technologiebranche ein? Und welche spezifischen Vorteile bietet die Region für Startups wie vivenu?
NRW schätze ich als einen sehr bedeutsamen Standort für die IT- und Technologiebranche ein. Die Region bietet diverse spezifische Vorteile, die besonders für Startups wie vivenu attraktiv sind. Erstens verfügt NRW über einen außerordentlich diversen Talentpool. Die hohe Bevölkerungsdichte, die Vielzahl an Industrien sowie zahlreiche Universitäten und Hochschulen sorgen für eine reiche Auswahl an qualifizierten Fachkräften.
Zweitens profitiert NRW von einer exzellenten geografischen Anbindung. Die zentrale Lage in Europa und mehrere passagierstarke Flughäfen mit globaler Anbindung erleichtern internationale Geschäftsbeziehungen und die globale Expansion von Unternehmen.
Ein weiterer entscheidender Vorteil für Startups wie vivenu ist, dass in NRW bisher relativ wenige Tech-Unternehmen ansässig sind, da die Region historisch eher industriell und produzierend geprägt ist. Dieses Entwicklungspotenzial bedeutet, dass wir als Technologieunternehmen in der Region etwas Besonderes darstellen. Das hebt uns nicht nur von anderen ab, sondern bringt auch viele Vorteile mit sich, wie etwa eine größere Sichtbarkeit und potenziell mehr Unterstützung seitens regionaler Wirtschaftsförderungen.
- Wie bewerten Sie die aktuelle globale Marktposition von vivenu insgesamt und welche Märkte möchten Sie in Zukunft noch erschließen?
Die aktuelle globale Marktposition von vivenu ist sehr stark und wächst industrieagnostisch deutlich über dem Marktdurchschnitt. Dennoch ist unsere Reise hiermit noch lange nicht abgeschlossen. Unsere Kundenbasis erstreckt sich bereits über sämtliche Industrien. Diese Branchenagnostik wollen wir aufgrund der hohen Flexibilität unseres Produktes, das praktisch keine Anwendungsbereiche ausschließt, fortsetzen.
Mit der geplanten Eröffnung eines weiteren Büros in New York City (neben unserem Büro in Tampa, Florida) noch in diesem Jahr machen wir einen wichtigen Schritt zur weiteren Expansion in Amerika. In NYC sind strategisch relevante Kunden angesiedelt, deren Nähe wir nutzen möchten, um unsere Geschäftsbeziehungen weiter zu stärken.
Neben unseren Kernmärkten in den USA und Europa sehen wir erhebliches Potenzial in aufstrebenden Märkten wie Südamerika, wo wir bereits namhafte Kunden in Ecuador und Kolumbien gewinnen konnten, sowie in Asien, mit Präsenzen in Südkorea, Hongkong und Nordafrika. Diese globale Reichweite und unser diverses, internationales Team sind zentrale Elemente dessen, was vivenu ausmacht: eine flexible Lösung mit einem klaren globalen Fokus.