Längst ist klar, dass für eine erfolgreiche Energiewende auch und vor allem Batterien unabdingbar sind. Damit kommt auch dem Batterierecycling eine wachsende Bedeutung zu. Es ist nämlich entscheidend, wertvolle Rohstoffe zurückzugewinnen, Ressourcen und damit die Umwelt zu schonen. Dies gelingt nur mit einer funktionierenden und nachhaltigen Kreislaufwirtschaft. Das Scale-up cylib hat eine innovative und nachhaltige Technologie entwickelt, das genau diese Herausforderung adressiert. Damit will das junge Unternehmen den Maßstab für nachhaltiges Batterierecycling setzen.
Im Interview mit NRW.Global Business spricht Dr. Lilian Schwich, Mitgründerin von cylib, über ihre Vision, als das Startup aus der RWTH Aachen hervorging, die Vorteile ihres Recyclingverfahrens sowie über die Rolle des Standorts NRW für eine europäische Kreislaufwirtschaft. Zudem gibt sie einen Einblick in die Zukunftspläne des Unternehmens.
Frau Dr. Schwich, was war Ihre Intention bei der Entwicklung eines Recycling-Verfahrens für Batterien und was war der entscheidende Moment zur Gründung eines eigenen Unternehmens?
Schon während meines Studiums der Metallurgie habe ich mich immer gefragt, wie wir Ressourcen besser und nachhaltiger nutzen können. Besonders Batterien haben mich fasziniert, weil sie in so vielen Dingen des Alltags eine wichtige Rolle spielen, von Handys bis hin zu Autos. Für eine klimaneutrale Zukunft sind wir auf Batterien angewiesen. Meine Vision war es, ein Recyclingverfahren für die klassische Lithium-Ionen-Batterie zu entwickeln, das alle Rohstoffe effizient und umweltfreundlich zurückgewinnt, auch Lithium und Graphit. Während meiner Promotion an der RWTH Aachen wurde mir im Austausch mit Industriepartnern klar, wie groß das Potenzial im Bereich Batterierecycling ist. Gleichzeitig erkannte ich, dass bestehende Verfahren nicht ausreichen, um die steigende Nachfrage nach Rohstoffen nachhaltig zu decken. Ein Schlüsselmoment war, als mir klar wurde, dass wir in der Forschung eine Technologie entwickelt hatten, die das Potenzial hat, die Branche grundlegend zu verändern. In Gesprächen mit Unternehmen zeigte sich ein großer Bedarf, aber auch die fehlende Umsetzung. Das war für mich der Punkt, an dem ich dachte: Da gibt es Handlungsbedarf – und wir können etwas bewegen. 2022 habe ich zusammen mit meinen Mitgründern Paul Sabarny und Gideon Schwich cylib ins Leben gerufen. Unser Ziel ist es, eine echte Kreislaufwirtschaft für Batterien zu schaffen. Mit unserer Technologie gewinnen wir alle wertvollen Rohstoffe aus Lithium-Ionen-Batterien zurück – nachhaltig, lokal und klimafreundlich. Damit stärken wir nicht nur die europäische Batterieindustrie, sondern leisten auch einen Beitrag zu unabhängigen Lieferketten.
cylib bezeichnet sein Verfahren als „ganzheitliches und innovatives Batterierecycling“. Welche Lücke schließt es, die andere Verfahren oder Unternehmen bisher nicht schließen konnten?
Die Technologie von cylib schließt eine entscheidende Lücke im Batterierecycling, indem sie alle wertvollen Rohstoffe aus Lithium-Ionen-Batterien zurückgewinnt – darunter auch Lithium und Graphit, die in herkömmlichen Verfahren oft verloren gehen. Die meisten Methoden konzentrieren sich nur auf Kobalt und Nickel, während andere wichtige Rohstoffe ungenutzt bleiben. cylib geht hier einen Schritt weiter: Unsere wasserbasierte Technologie sorgt für eine besonders effiziente und nachhaltige Rückgewinnung aller Materialien – mit einer Recyclingeffizienz von über 90 Prozent. Ein weiterer Vorteil ist die deutliche Reduzierung des CO₂-Fußabdrucks. Im Vergleich zu herkömmlichen Verfahren sinken die Emissionen um 30 Prozent, im Vergleich zur Primärrohstoffgewinnung sogar um 80 Prozent. Damit füllen wir nicht nur technologische Lücken, sondern tragen auch dazu bei, eine echte Kreislaufwirtschaft zu ermöglichen. Unsere Technologie unterstützt Europa dabei, unabhängiger von Importen zu werden, und leistet einen wichtigen Beitrag zur nachhaltigen Transformation der Batterieindustrie.
Was macht den Standort NRW so attraktiv für Startups wie cylib und welche Vorteile bietet er für innovative Unternehmen im Bereich Greentech bzw. Kreislaufwirtschaft?
NRW ist ein herausragender Standort für cylib. Hier trifft eine starke industrielle Basis auf exzellente Forschung. Die hohe Dichte an Unternehmen, Zulieferern und Forschungseinrichtungen bietet ideale Bedingungen, um Innovation voranzutreiben. Die enge Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Wirtschaft, insbesondere durch angewandte Forschung, ermöglicht es, neue Technologien direkt in die Praxis zu überführen. Davon haben wir sowohl bei der Ausgründung aus der RWTH profitiert als auch beim Aufbau unserer Pilotanlage in Aachen. Für den Aufbau unserer Recyclingfabrik in Dormagen profitieren wir von der gezielten Förderung für die Transformation der Kohleregionen. Durch die zweistellige Millionenförderung können wir unsere Technologie in der von uns gekauften Brownfield-Anlage im Chempark Dormagen nachhaltig skalieren. Dafür recyclen wir auch das bestehende Gebäude. Die Partnerschaft mit dem Land NRW stärkt nicht nur unser Projekt, sondern auch den Aufbau einer regionalen Kreislaufwirtschaft. Zudem ist NRW durch seine zentrale Lage und hervorragende Logistik ein idealer Ausgangspunkt für den europäischen Markt. Die Nähe zu Großstädten wie Düsseldorf und Köln macht die Region auch für internationale Talente attraktiv und bietet Zugang zu einem starken Wissens- und Talentpool. Mit seiner etablierten Chemieindustrie und dem klaren Fokus auf Innovation und Kreislaufwirtschaft schafft NRW ein einzigartiges Umfeld für Scale-ups wie cylib, die zukunftsweisende Technologien entwickeln und eine nachhaltige Industrie aufbauen wollen.
Der Markt für Batterierecycling wird in den kommenden Jahren stark wachsen. Welche Rolle spielt NRW dabei für den deutschen und internationalen Markt?
NRW hat alles, um ein zentraler Standort für Batterieproduktion und -recycling zu werden. Mit Spitzenforschung an führenden Instituten in Aachen und Münster bietet die Region die ideale Basis, um Innovationen schnell in die Praxis zu bringen und ein starkes Batterieökosystem in Europa aufzubauen. Die Nähe zu angewandter Forschung hilft dabei, Talente direkt aus der Wissenschaft in die Industrie zu bringen und neue Technologien effizient zu skalieren. Als etablierter Standort der Chemieindustrie bietet NRW außerdem ein perfektes Umfeld für die Entwicklung einer nachhaltigen Batterieindustrie. Durch seine starke Infrastruktur und den klaren Fokus auf Transformation wird NRW zu einem wichtigen Treiber für die Kreislaufwirtschaft. Mit cylib entsteht hier ein Recycling-Ökosystem, das weit über die Region hinauswirkt und entscheidend zur Zukunft der Batterieindustrie in Europa beiträgt.